Audio-Gipfel: More relevant than ever. Über die Kraft von Audio in herausfordernden Zeiten
Hörfunk und Podcast als Krisengewinnler
Inhalte, die über Radiosender oder Podcasts verbreitet werden, haben von der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg profitiert. Die „geschenkte Zeit“ in den Lockdowns während der Corona-Pandemie haben Menschen unter anderem zum Hören von langen Podcasts verwendet.
In dieser Krise ist Hörfunk das Medium gewesen, dem die Menschen am meisten vertrauten, um sich „als Orientierung vor der Haustür“ über die Pandemie zu informieren. Mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs haben Hörfunk und Podcasts den Menschen geholfen, durch die richtige Mischung aus Information und Unterhaltung Unsicherheiten aufzufangen und von Problemen abzulenken. So lauten die Erkenntnisse von Branchen-Expert:innen, die im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN über Erfolgsfaktoren und Herausforderungen auf dem Audiomarkt diskutiert haben.
„Mach, was dich persönlich interessiert“, beschrieb Micky Beisenherz sein Erfolgsrezept. Bei der Entwicklung seines Podcast „Apokalypse&Filterkaffee“ habe er sich nicht „am Markt“ orientiert, sondern habe „aus persönlicher Überzeugung gehandelt“. Eine klare Struktur, die der „Routine der Hörer“ entspreche, sei dann der notwendigen „Professionalisierung der Arbeit“ geschuldet. Produktions- und redaktionelle Kompetenz sei notwendig, damit Gespräche möglich werden mit „Leuten, die Überraschendes erzählen“ und das aktuelle Geschehen kommentieren, erläuterte der Moderator und Podcast-Host.
Schiwa Schlei, Programmchefin der WDR-Wellen 1 Life und Cosmo, betonte in der anschließenden Diskussion, dass Podcasts dem Hörfunk helfen würden, das „herauszuarbeiten, was Radio ausmacht“. Die Branche müsse weg von strenger Formalisierung mit „drei Fragen, drei Antworten“. Schlei pflichtete Beisenherz bei, dass Hörfunk wieder „längere Wortstrecken und das Unerwartete“ innerhalb eines Programmformats zulassen müsse. Um in Zeiten von Krisen die Anzahl der Zuhörer:innen zu erhöhen, müssten informative Inhalte „nach vorne“ platziert werden, empfahl Schlei.
Felix Kovac, Geschäftsführer des Radiosenders Antenne Bayern, stellte fest, dass die Reichweiten „nach unten gehen“ würden und der Wettbewerb um die „Aufmerksamkeit der Hörer“ zunehme. Daher expandiere sein Unternehmen und sende bundesweit: „Wir bauen neue Sender auf, auch Pod-casts, aber machen keine Podcast-Rallye mit.“ Sein Unternehmen würde Audio-Marken entwickeln, die vor allem auf jüngere Zielgruppen zugeschnitten seien, erklärte Kovac. Krisen seien zwar „die Stunde der Inhalte-Macher“, aber um Audio-Inhalte für die Zuhörer:innen attraktiv zu gestalten, müsse auch „Verrücktes“ gestaltet werden, wie zum Beispiel „Musikfeiertage“, an denen den ganzen Tag lang ein bestimmtes Musikgenre gespielt werde. Interessant seien auch Serien, die von den Zuhörer:innen „fortgeschrieben“ werden, sagte Kovac.
„Ja, ich stehe fürs gute alte Radio“, erklärte Grit Leithäuser, Geschäftsführerin der Radiozentrale, einem Info- und Serviceportal für Hörfunk und Radiowerbung. Das Medium zeichne sich durch Konstanz und Dynamik aus. Dass „die Leute das Radio einschalten und wissen, was sie erwartet“, stehe für die Konstanz. Die Dynamik des Mediums entstehe durch „neue Ausspielwege, On-Demand-Angebote“. Man müsse täglich herausfinden, was die Menschen draußen interessiere, und das auch erzählen. In Krisenzeiten seien die Anforderungen an Hörfunkstationen und Podcasts unterschiedlich. „Das Radio ist breiter aufgestellt und Podcasts sind zugespitzter“, stellte Leithäuser fest. Das „Zusammenspiel beider Medien“ sei „heute more relevant than ever“. Zuhörer:innen würden dem Radio „enorm“ vertrauen, da Radiosender „Orientierung vor der Haustür lieferten“, ergänzte sie.
Christian Schalt, Chief Digital Officer von RTL Radio Deutschland, pflichtete Leithäuser bei, dass es wichtig sei, Radio und Podcast „nicht zwanghaft zu verbinden“. Es sollen „jeweils eigene Produkte entstehen“, die dann von den Zuhörer:innen „gefunden“ werden müssten. Die Herausforderung sei die „Auffindbarkeit“, die durch eine entsprechende Infrastruktur gewährleistet sein müsse. Dazu sei es wichtig, „Teil von Plattformen wie Spotify zu sein, aber auch eigene Plattformen zu haben“.