TV-Gipfel: Zwischen Wachstum und Wirtschaftlichkeit

„Joint Forces hilft“

Der Markt für Audiovisuelles verlagert sich immer mehr in Richtung Streaming. Der TV-Gipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN hat dieser Entwicklung Rechnung getragen, indem an der Diskussionsrunde ausschließlich Verantwortliche für Streaming-Plattformen teilnahmen.

Sascha Schwingel, Deputy Head of TV & Entertainment bei RTL und damit auch zuständig für RTL+, zeigte sich begeistert von den Möglichkeiten eigenständiger Streaming-Formate. In diesem Bereich lasse es sich wesentlich „spitzer und steiler“ agieren, um gezielt besondere Zielgruppen anzusprechen. Das Problem, lineare Programme auch als Stream anzubieten und damit möglicherweise die eigene lineare Reichweite zu torpedieren, sehe er gelassen. RTL habe viel dazugelernt. „Spannender, relevanter Inhalt“ funktioniere sowohl linear als auch on Demand, sagte Schwingel mit Hinweis auf die Recherche des „Team Wallraff“ über Missstände bei Burger King. Wie die anderen Teilnehmerinnen der Diskussion betonte Schwingel die Wichtigkeit von „Fremdprogrammen“ für seine Plattform: „Das ist mehr als Beimixen.“ So habe man unter anderem die Rechte an der NFL für nächstes Jahr gekauft. Auch die Sparten Reality und Dokumentation seien sehr wichtig für Erfolge bei den Zuschauern. So zeige RTL+ bald eine Doku, für die Jens Spahn ein paar Jahre begleitet worden sei, und zwar „in der Zeit, als er nicht so viel geschlafen hat“.

Den richtigen Mix zu finden aus Reality, Dokumentationen und fiktionalen Angeboten, bezeichnete auch Sabine Anger, verantwortliche Managerin bei Paramount+, als besondere Aufgabe. Verstärkt setze man auf eigene Produktionen in allen Bereichen. Sie sollten möglichst relevant für den jeweiligen lokalen Markt sein, aber auch international funktionieren. „Das ist ja die Beauty einer solchen internationalen Plattform“, sagte Anger. Angesprochen von Moderator Thorsten Zarges (Fachdienst DWDL) auf die Kooperation mit dem Handelsriesen Walmart in den USA, betonte Anger, dass Paramount+ in den USA schon eine eingeführte Marke sei und ihr Unternehmen in Deutschland sehr zufrieden auf die Zusammenarbeit mit Sky blicke. Paramount werde in Zukunft auch über Amazon Channels sichtbar sein. Die Entwicklung gehe ohnehin in die Richtung, dass sich das Publikum an mehrere Dienste gewöhne, analog zur Welt der klassischen TV-Landschaft mit vielen Kanälen.

„Am Ende funktioniert es nur, wenn es auch für den Kunden funktioniert“, argumentierte Elke Walthelm, Executive Vice President Content bei Sky Deutschland. Es gebe eine große Nachfrage nach Aggregation und leichter Handhabbarkeit für den Kunden. Die Frage „Wo finde ich was?“ sei wichtig. Walthelm unterstrich noch einmal, wie wichtig Reality-Formate, Dokumentationen und fiktionale Angebote für die Akzeptanz bei den Zuschauern seien. Aber neben Zusammenarbeit mit anderen Produzenten und Anbietern wie HBO seien auch Eigenproduktionen sehr wichtig. Bei Sky Deutschland könne man jetzt 90 Sky Originals sehen, vor allem aus dem Dokumentationsbereich. „Wir werden da dranbleiben“, kündigte Weithelm an. Mit HBO verbinde Sky eine „sehr gute Partnerschaft“, betonte sie. Unklar ist bislang, ob der Fernsehprogrammanbieter HBO mit einer eigenen Plattform auf den deutschen Markt kommt.

Ist also die Zeit vorbei, als Netflix noch selbstbewusst weitgehend auf Kooperationen verzichten konnte? Katja Hofem, Vice President German Original Series für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei Netflix, merkte an: „Die Welt hat sich verändert. Joint Forces hilft.“ Die Frage sei: „Was ist die Win-win-Situation bei allen Beteiligten?“ Manchmal könne man mit Partnern spezielle Segmente besser erreichen. Sie denke auch inhaltlich nicht gerne in festen Kategorien oder Genres. Da werde zurzeit bei Netflix viel ausprobiert. Auch sie unterstrich die Bedeutung von Reality-Formaten und Dokumentationen. Letztere seien eine „große Affinität der Deutschen“.