Web3-Gipfel: Revolution oder Evolution? – Wie das Web3 die Medienwelt verändert

Mit Blockchain und NFT zu neuen Medienerfahrungen

Noch ist das Web3 ein Konzept mit wenigen echten Anwendungsmöglichkeiten. Grundsätzlich stehen dezentrale digitale Erlösmodelle mit neuen Zahlungs-, Wertschöpfungs- und Community-Formen im Mittelpunkt.

Während des Web3-Gipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN ist eine Studie vorgestellt worden, die auch für die Medienbranche Hinweise auf die kommende Entwicklung gibt. Vor allem die Beteiligung des Publikums an Inhalten scheint dabei chancenreich zu sein.
Der Wandel vom Web 2.0, in dem einige wenige Intermediäre und Technologiekonzerne den Ton angeben, zum dezentralen Web3, das auf dem Blockchain-Konzept basiert und Dezentralisierung und Token-basierte Wirtschaft umfasst, wird derzeit intensiv diskutiert. Allerdings scheinen noch vielen Entscheider:innen in der Medienbranche fundierte Informationen zu den Konzepten zu fehlen. Stefan Sutor, Geschäftsführer der Medien.Bayern GmbH, sieht daher die Gefahr, dass die traditionellen Medien die Entwicklung verpassen. Bei der Vorstellung einer aktuellen Studie von XPLR:Media in Bavaria beschrieb Sutor die Web3-Technologie als neuen Weg, um Inhalte zu verbreiten: „In der Medienbranche sind wunderbare Anwendungsfälle möglich.“ Non-Fungible Token (NFT) beispielsweise könnten für die Medienbranche „revolutionär“ sein.
In der anschließenden Podiumsdiskussion griff Moderator Wolfgang Kerler einige Positionen von Expertinnen und Experten, die in der XPLR:Media Studie befragt wurden, auf. Der Chefredakteur und Co-Founder von 1E9 stellte die Chancen der Technologie vor, verwies aber auch auf Schattenseiten. So wirke Web3 derzeit manchmal wie ein „toxischer Space“. Peter Grosskopf, Co-Founder und CTO bei Unstoppable Finance, verwies indes auf den sinkenden Energieverbrauch in der Blockchain und thematisierte eine „Lawine“, die jede Branche erfassen werde: „Web3 hat das Potential, erstmals ein globales Finanzsystem aufzubauen.“ Der „Paradigmenwechsel“, so erklärte Grosskopf, eröffne den Medien auch die Chance, ihre Reichweiten selbst an Werbungtreibende zu vermarkten.
TV-Moderator Hendrik Hey („Welt der Wunder“) beobachtet durchaus Interesse an Anwendungen im Metaverse, die allerdings technisch noch nicht umgesetzt werden könnten. Nach Ansicht des Founder und Blockchain Entrepreneur (MILC) erzeugt das Web3 eher eine soziale als eine technische Revolution, denn die Nutzerinnen und Nutzer könnten künftig an vielfältigen Wertschöpfungen teilnehmen. Ihm schwebe vor, dass Produktgegenstände wie Häuser, aber auch Filmlizenzen – ähnlich wie bei einem digitalen Genossenschaftsmodell – in NFT „verwandelt“ würden. Den Medien legte Hendrik Hey die Rückkehr ans „archaische Lagerfeuer“ nahe. „Die User sind offen, aber sie erwarten eine gute Geschichte.“

Friedrich von Wulffen, Investment Manager bei Burda Principal Investments, sieht derzeit „viel Kapital am Werk“, um nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Er kritisierte jedoch, dass manche Investoren bereits den Exit planten, anstatt die Dividende in den weiteren Aufbau von Communities zu stecken. Die Chance für die Medien: „Digitaler Content ist trackbar, egal wo er konsumiert wird.“ So ließen sich die Inhalte von den Medienhäusern „unendlich“ verwerten. Außerdem könne sich auch das Publikum an Songs oder Printprodukten beteiligen und somit an den Umsätzen partizipieren. Allerdings reiche die Usability bisher nicht an die bekannten Standards heran, stellte Friedrich von Wulffen fest.
Aus der Sicht von Arvato Systems (Bertelsmann) schilderte Anna Graf ihre bisherigen Erfahrungen mit der Creator Economy. Die Managerin (Innovation Lead) sprach vor allem der Gaming-Industrie eine zentrale Rolle zu, verdeutlichte aber auch an einem TV-Beispiel das Potential von Web3: Bei der US-Sendung „American Idol“ gebe es bereits die Möglichkeit, sich mittels NFT an einer Sängerin oder einem Sänger „zu beteiligen“ und somit auch am Hauptgewinn zu partizipieren. „Das Fandom-Prinzip ist leicht übertragbar“, regte Anna Graf an und erinnerte obendrein an die Anbieter von digitalen Billboards im Metaverse, die durchaus Geld verdienten. Ihre Empfehlung daher: „Cut out the middle man.”